So wandeln sich Bilder.
Plattform 6020, Fördergalerie der Stadt Innsbruck
3.2. - 26.03.2022

 

 

Experimentieren heißt, sich in Gedanken hineinzubegeben, deren Ende nicht vorweg kontrolliert und daher unübersehbar ist, heißt Fragen ins Ungewisse zu stellen und Techniken zu entwickeln, die auf die Epiphanie des Unbekannten zielen oder das vor Auge stellen, was man nicht machen kann, was sich der Verfügbarkeit und der Simulierbarkeit entzieht.

 

In der Ausstellung So wandeln sich Bilder versammeln sich Arbeiten der Künstlerin Elisabeth Schutting, die aus einem experimentellen Überarbeitungsprozess hervorgegangen sind. Erstaunlicherweise liegen teilweise mehr als 20 Jahre zwischen den Überarbeitungsmomenten, den malerischen Schichtungen. Schutting setzt sich mit ihren vergangenen Bilderzählungen auseinander - spinnt Fäden dieser Narrative weiter oder entscheidet sie zu kappen und neue Erzählungen in den Bildraum hineinzuweben.

 

Der Prozess kann hier als selbstreflexive Rückschau gesehen werden, als Sinnsuche im bereits Entstandenen. Aber auch Zukunftsorientiertes liegt in diesem Aufarbeitungsprozess, den die Künstlerin als Upcycling benennt. Passend, so wird doch beim Upycling im Gegensatz zum Recycling das Ausgangsmaterial nicht in Mühlen geworfen und zerstört, sondern erhalten und doch verwandelt. Der Prozess dieser Verwandlung das malerische Forschen nach Ebenen, Schichten und Transparenzen mutet bei Schutting spielerisch an: Betrachter*innen sehen sich in der Ausstellung Arbeiten gegenüber, die ihre Lockerheit und Leichtigkeit in diesem Ringen nicht verloren haben. Der Künstlerin gelingt eine Materialbewältigung, ohne dieses zu verletzen.

 

Quastenflosser, Ophelia und die Herren der Erde - ihre Titel wählt Schutting intuitiv und legt Betrachter*innen damit eine Fährte zu ihrer Interpretation des Materials. Überhaupt scheinen Fragen nach Verwertbarkeit bzw. Verweigerung derselben eine bedeutsame Rolle in Schuttings Arbeit zu spielen. So finden wir gesammeltes, von der Künstlerin liebevoll gezüchtetes, Unkraut als lebende Objekte in der Ausstellung vor. Auf der Suche nach der inneren Logik des eigenen Werkes erschließt sich die Künstlerin einen nuancierten Zugang durch Verharren und Beobachten. Scheinbarer Stillstand und eventuelles Reagieren auf die eigenen lebendigen Artefakte im künstlerischen Prozess sind Experimente, die erfrischenderweise dem Entdecken den Vorzug geben über dem Begründen.

 

Schlussendlich berichten Schuttings Werke vom glücklichen Zufall, der nur jenseits des Zwanges entsteht und ein unwägbares Ereignis bleibt, das man unter günstigen Bedingungen mit viel Geduld und mit, wie Hans-Jörg Rheinberger es beschreibt, begrenzter Genauigkeit, gezähmter Präzision und löchriger Perfektion (1) begünstigen kann.

(Text: Elisabeth Schmirl)

 

 

(1) Hans-Jörg Rheinberger: Über Serendipität – Forschen und Finden, in: Gottfried Boehm, Emmanuel Alloa, Orlando Budelacci, Gerald Wildgruber (Hg.): Imagination: Suchen und Finden, Paderborn 2014, S. 234